Die erste Pfeife und die Kostenfrage

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Wie soll ich meine erste Pfeife aussuchen und wie viele Pfeifen braucht man überhaupt?

Allgemein gilt: Die Pfeife muss einem selbst gefallen, man muss mit ihr "emotional" zurechtkommen. Die erste Pfeife sollte man, wenn möglich, zusammen mit jemandem  aussuchen, der etwas von Pfeifen versteht. Früher galt: Zum Pfeifenkauf sollte man ein gut sortiertes Fachgeschäft aufsuchen. Da die Dichte guter Fachgeschäfte  (nicht nur in Deutschland) aber deutlich abgenommen hat, bietet auch auch das Internet eine vernünftige Alternative. Namhafte Händler bieten Pfeifen auch auf eigenen Internetseiten an, darüber hinaus gibt es sehr professionell und sachkundig geführte on-line-shops ohne ein Ladengeschäft im Hintergrund.

Die erste Pfeife muss aus Bruyere-Holz sein. Sie sollte gerade (straight) oder leicht gebogen sein (a quarter bent) und eine mittlere Größe haben. 


Die ideale Einsteigerpfeife: Mittlere Größe, leicht gebogen, formschön und aus gutem Bruyere

Auch wenn man sich nicht sicher ist, ob man wirklich beim Pfeiferauchen bleibt, sollte die erste Pfeife nicht zu billig sein. Zu billige Pfeifen findet man häufig in einem Korb auf der Ladentheke in Kassennähe. Oftmals haben dies Pfeifen "klangvolle" Phantasienamen.  Abzuraten ist meiner Ansicht nach auch von den meisten "Einsteiger-Sets", in denen, für "kleines" Geld, eine Pfeifentasche, ein Tabak und eine Pfeife enthalten sind.

Man lässt sich also zweckmäßiger Weise einige Serienpfeifen ab ca. 50.- bis  60.- € zeigen. Es gibt viele dänische und z.T. italienische, englische und französische Serienpfeifen von guter Qualität. Man wird dafür natürlich keine lupenreine "Straight Grain" bekommen, aber eine ordentliche Pfeife mit vertretbarer Zahl an Fehlstellen allemal. Da der Preis auch von der Oberflächenbearbeitung bestimmt wird, kann man bei der ersten Pfeife durchaus zu einer sandgestrahlten  Pfeife greifen. Diese sind robust, rauchen sich angenehm und sind eben, bei ansonsten gleicher Verarbeitungsqualität, deutlich günstiger im Preis.


Sandgestahlte, gerade Pfeife, bei der man als Einsteiger nicht viel falsch machen kann

Abzulehnen sind nach meiner Ansicht bunt lackierte Pfeifen und krampfhaft "originell" wirken wollende Pfeifenformen. Hiermit gibt man sich unter Pfeifenfreunden der Lächerlichkeit preis, auch wenn von der weitgehend beratungsresistenten Industrie immer wieder solche merkwürdigen Rauchinstrumente lanciert werden.

Einen Hinweis, ob eine Pfeife im Inneren ordentlich verarbeitet ist, bietet der Reiniger-Test. Dazu wird ein Pfeifenreiniger vom Mundstück bis in den Kopf vorzuschieben versucht. Dies sollte leicht möglich sein. Auch wenn die Pfeife prinzipiell für den Gebrauch von Filtern hergestellt wurde, kann der Reinigertest einen Anhaltspunkt für ordentliche Verarbeitung bieten.

Wenn man, nach dem maßvollen Gebrauch dieser Pfeife entschieden hat, beim Pfeiferauchen zu bleiben, sollte in absehbarer Zeit die individuelle Sammlung auf 7 bis 10 Pfeifen aufgestockt werden. Ist man dann sicher, dass einem das Pfeiferauchen gefällt, kann auch die erste Meerschaumpfeife ihren Platz in der Sammlung finden.

Was darf eine Pfeife kosten?

Überwiegend an der Kopierfräse vorgefertigte Pfeifen - Serienpfeifen

Über den Preis einer Pfeife zu diskutieren ist sehr problematisch. Zunächst hängt der Preis davon ab, wie viel Handarbeit in einer Pfeife steckt und wie teuer die eingesetzten Materialien sind. Hier bieten gute Serienpfeifen eindeutig ein ordentliches Preis-Leistungs-Verhältnis, weil durch die maschinelle Produktion viele Arbeitsschritte teilautomatisiert und damit kostengünstig laufen. Ein Hersteller von Serienpfeifen kann auch seinen Zulieferern große Abnahmemengen an Holz und Mundstückmaterial garantieren und erhält all dies zu einem vernünftigen Preis, den er dann dem Kunden weitergeben kann - aber nicht muss. Eine helle, glatte Serienpfeife ohne weitere Zierelemente sollte nicht viel mehr als um die 100.- bis 125.- € kosten. 

Von der Regel gibt es freilich auch Ausnahmen. So gibt es traditionsreiche Unternehmen in der Serienfertigung, die es geschickt verstanden haben, sich mit dem Hauch des Noblesse und Einzigartigkeit zu umgeben bzw. durch ein heute oft unverständliches und in der Sache sinnloses (weil qualitätsunabhängiges) System von Stempeln ein unerschöpfliches Sammelgebiet zu erschließen.  Hier kann man gut auch den 10-fachen Preis ausgeben, ohne deshalb eine wirklich "bessere" Pfeife zu haben. Häufig greifen besonders wohlhabende (oder so wirken wollende) Pfeifenneulinge zu derartigen Pfeifen.

Freehand-Pfeifen - Unikate

Anders ist der Fertigungsprozess bei sogenannten Freehand-Pfeifen. Ohne ins Detail gehen zu wollen, handelt es sich hierbei immer, auch bei einander ähnlichen Grundformen, um Unikate mit einem extrem hohen Anteil an Handarbeit. Außerdem entsteht - und das liegt in der Natur des Materials Bruyere - relativ viel an "Ausschuss", oftmals dann, wenn sich die Pfeife schon in einem recht fortgeschrittenen Stadium der Fertigung befindet.

Dies muss der Pfeifenmacher selbstverständlich irgendwo preislich kompensieren. Hinzu kommt, dass die guten Freehander um ein begrenztes Angebot an hervorragendem Holz miteinander konkurrieren. Der Mangel an gutem Holz ist nicht durch einen Mangel am Rohstoff begründet, sondern durch einen Mangel an aktiven, fachkundigen Coupeuren. Deshalb wird eine gute Freehand in einem ganz anderen Preissegment angesiedelt sein müssen, als eine Serienpfeife. 

Die Fertigung von Freehand-Pfeifen erlaubt  dem geschickten Pfeifenmacher, die Form der Pfeife so zu entwickeln, dass die Maserung des Bruyere trefflich zur Geltung kommt, d.h. bei Freehands findet man viel öfter schön gemaserte Pfeifen als in der Serienfertigung. Zudem werden bei guten Freehand-Pfeifen die Mundstücke komplett aus dem "vollen Rohr" per Hand gefertigt. Auch das gilt es zu berücksichtigen. 

Sehr versierte Pfeifenmacher sind in der Lage, zunächst die Form der Pfeife sehr weitgehend auszuarbeiten und dann die notwendigen Bohrungen aus der "freien Hand" einzubringen. Dieses Prozedere erlaubt diesen Könnern, bei auftretenden Fehlern im Holz, die Form der Pfeife anzupassen oder die gesamte Pfeife etwas kleiner zu gestalten und dann eine stimmige Brennraumbohrung zu setzten. Weniger versierte Pfeifenmacher bohren zunächst die Kantel und arbeiten dann die Pfeife um die definierten Bohrungen herum heraus. Es ist klar, dass recht spät im Fertigungsprozess auftretende Holzfehler dann kaum mehr korrigiert werden können.


Drei Pfeifenköpfe in unterschiedlichem Fertigungsfortschritt, alle sind jedoch noch nicht gebohrt

Allerdings gibt es auch bei den "Freehandern"  große Preisunterschiede. Es gibt Pfeifenmacher, die es durch geschickte Marketing-Strategie geschafft haben, den Eindruck zu vermitteln, ihre Pfeifen seien ganz besonders rar und diese können dann sehr hohe Preise verlangen, die z.T. weit jenseits des getriebenen Aufwandes liegen, aber von Enthusiasten gern bezahlt werden.

Vorsicht sei dem Neuling generell jedoch geboten: Der Begriff "Handmade" oder vergleichbare Begriffe sind nicht geschützt, weshalb er auch bei Serienpfeifen verwendet werden kann. Die Protagonisten einer solchen Praxis ziehen sich auf den -unbestrittenen- Fakt zurück, dass auch bei Serienpfeifen noch viel Handarbeit zu leisten ist.

Es gibt aber durchaus auch einige Pfeifenmacher, die derart wenige und dabei so herausragend schöne Stücke fertigen, dass sie "jeden" Preis erzielen, der durchaus im Bereich eines Mittelklasse-Autos liegen kann. Hieran muss man sich aber gewiss nicht orientieren, zumal   90 % des Preises den "Sammlerwert" repräsentieren und nicht etwa den Material- und Fertigungsaufwand.

Für den Preis einer Pfeife kann manchmal  von Bedeutung sein, ob der Pfeifenmacher hauptberuflich  tätig ist, also seinen kompletten Lebensunterhalt davon bestreiten muss oder ob er nur nebenher Pfeifen fertigt. Auch ob man eine handgefertigte Pfeife direkt vom Pfeifenmacher, bei on-line Händlern oder im Ladengeschäft im Fachhandel kauft kann von Relevanz sein. Die Verkaufsprovision liegt bei irgendwo zwischen 40 und 60 % des Ladenpreises, die man beim Direktkauf eventuell sparen kann. Allerdings scheuen viele Pfeifenmacher den Direktverkauf und haben sich, aus unterschiedlichen Gründen, an bestimmte Fachhändler oder Verkaufsvereinigungen gebunden - nicht immer zum Vorteil des Kunden.

 

Neuen Pfeifenmachern eine Chance geben !

Erfreulicher Weise gibt es immer wieder Nachwuchs in der Pfeifenmacherszene. Aus unterschiedlichen Beweggründen beginnen Menschen mit dem Pfeifenbau und irgendwann gehen sie mit ihren Werken an die Öffentlichkeit. Oftmals erhebt sich dann eine Diskussion über die Preiswürdigkeit der offerierten Stücke. Ein neuer Pfeifenmacher wird ganz allgemein sehr viel mehr Zeit und Mühe haben, ein verkaufswürdiges Produkt anfertigen zu können. Er wird auch gerade viele Anschaffungen getätigt haben. All das führt zu einem schwer auflösbaren Dilemma, vor dem der Neuling bei der Preisgestaltung steht. Bei einer aus seiner Sicht realistischen Kalkulation wird er auf immense Preise kommen, wenn er davon abrückt, wird er nicht annähernd zurecht kommen. Selbstverständlich wird niemand bereit sein, für die Pfeife eines Neulings einen Preis zu zahlen, für den er anderweitig ein etabliertes Spitzenprodukt bekommt und so macht der Neuling in der Regel erhebliche Abstriche.

Mein Appell an dieser Stelle geht dahin,  auch solche Pfeifen zu kaufen. Ich kenne Sammler, die für eine Pfeife ein durchschnittliches Monatseinkommen eines Normalverdieners hinlegen, und das nicht nur einmal im Jahr - und die sich dann, bei der Pfeife eines Neulings zum Preis von 200.- Euro  über 50.-. Euro mehr oder weniger ereifern. Hier sollte man nun wirklich die Kirche im Dorfe lassen und vielleicht ein paar Euro mehr ans Bein binden, nicht zuletzt um dem Neuling eine Chance zu geben, weiter zu machen und somit letztendlich auch die Vielfalt des Angebotes zu sichern - immer vorausgesetzt, die Pfeife gefällt einem grundsätzlich.