Einige Bemerkungen zum Aufarbeiten von Pfeifen

 

 

 

Ab und zu spielt einem der Zufall ein paar gebrauchte Pfeifen in die Hand, die sich in einem äußerlich recht bedenklichen Zustand befinden. Auf der anderen Seite blitzt hier und dort eine schöne Maserung hervor, die Mundstücke sind zwar angelaufen, aber nicht defekt und es stellt sich die Frage, ob diese Pfeifen noch zu retten sind und wenn ja, wie.

1. Grundsätzliches zu meinem Verständnis vom Aufarbeiten

Mein Ziel des Aufarbeitens ist es, die Pfeife in einen hygienisch einwandfreien Zustand zu versetzen und darüber hinaus rein äußerlich einen Zustand so nahe wie möglich am guten Original-Zustand zu erreichen. Unter Aufarbeiten verstehe ich nicht, eine Pfeife bis zur Unkenntlichkeit des Originalzustandes abzuschmirgeln und nach Belieben neu zu beizen - was nicht heißen soll, dass man so etwas nicht tun darf - nur sollte man dann nicht von "Aufarbeiten" sprechen sondern besser vom "Umarbeiten". Auch finde ich, dass man einer alten Pfeife getrost ansehen darf, dass es sich um ein älteres Stück handelt.

Das Aufarbeiten erfordert einiges an Geduld - weniger bei den einzelnen Arbeitsschritten als bei auftretenden Zwischenzeiten, um etwas einziehen oder trocknen zu lassen. Diese Geduld aufzubringen ist nicht leicht, aber erforderlich. Hektik und Ungeduld stehen einem schönen Resultat mehr im Wege als kleine Fehlerchen bei den einzelnen Arbeitsschritten.

 

Eine ca. 30 Jahre alte Pfeife von Arne Ljung (1913 - 1998), behutsam aufgearbeitet.

Ein schöner, älterer Savinelli-Autograph, behutsam aufgearbeitet,
ohne Abschleifen oder Verwendung neuer Beize

Allgemein kann man wohl sagen, dass eine Pfeife, die zwar einen dicken, aber trockenen  Cake im Brennraum hat und bei der auch der Kopfrand heftig verkrustet ist, oft unproblematisch wieder in einen sehr guten Zustand zu überführen ist. Die  Chancen, eine feuchte, "versotterte" Pfeife wieder hinzubekommen, sind dagegen eher bescheiden, auch wenn sie auf den ersten Blick noch ganz gut erhalten erscheint.

2. Arbeitsvorbereitungen

Um Pfeifen aufzuarbeiten, benötigt man etwas Platz und vor allem die Möglichkeit, ungestört dieser Verrichtung nachzugehen, weshalb die häusliche Küche oder gar die Gute Stube nicht dazu geeignet sind. Es ist eine geräusch- und durchaus geruchsintensive Tätigkeit. Ein gut beleuchteter Platz im Keller ist sicher optimal. Was benötigt man ganz allgemein und wie gehe ich vor?

Um erst einmal saubere Verhältnisse herzustellen bedarf es eigentlich keines großen Geräteparks und auch keines Chemikalienlagers. Reichlich Pfeifereiniger, 70%iger Alkohol aus der Apotheke, 1200er Stahlwolle oder 1200 Schleifpapier, ein Pfeifenschlüssel (mit unterschiedlichen Aufsätzen oder stufenlos) sowie eine Pinzette (die man dann ausschließlich für diesen Zweck verwenden sollte)  und reichlich Küchenpapier finden sich sicher bei jedem Pfeifenraucher irgendwo im Haushalt.

3. Reinigen der Pfeife

Ich gehe wie folgt vor: Zunächst werden die Mundstücke herausgedreht und später gesondert gereinigt. Acrylmundstücke kann man schon mal in handwarmem Wasser "einweichen", bei Ebonitmundstücken rate ich dringend davon ab.

Als erstes "weiche" ich Verkrustungen vom Kopfrand ab, dazu wird Küchenpapier richtig gut mit Alkohol angefeuchtet und die Kruste nach und nach abgewischt bzw. abgetupft. Hartnäckige Reste kann man vorsichtig mit der Stahlwolle (oder 1200er Schleifpapier) entfernen. Wenn ich nun erst einmal die Kopfoberfläche und besonders die Kante zum Brennraum sauber "dargestellt" habe, wird der Cake aus dem Brennraum entfernt - und zwar schonend und mit Pfeifenschlüsseln zunehmenden Durchmessers, also bitte nicht gleich mit dem größtmöglichen Durchmesser beginnen! 

Nachdem man auf diese Weise erst einmal saubere äußere Verhältnisse geschaffen hat, geht es nun an das "Innenleben"  der Pfeife, Zapfenloch und Rauchkanal. Hierbei kann man allerlei Überraschungen erleben: Manche Raucher von Filterpfeifen meinen, dass die Benutzung und der regelmäßige Wechsel des Filters und die Mundstückreinigung ausreichen. Leider unterbleibt dann oft die Pflege des Zapfenloches. Das Zapfenloch ist auch oft das "Dreckloch Nr. 1" bei filterlosen Pfeifen. Ich habe schon erlebt, dass bei hochwertigen, filterlosen Pfeifen das Zapfenloch derart verschmutz war, dass der Vorbesitzer den Zapfen abgeschliffen hat, um wieder alles passend zu machen. Ein denkbar ungeeignete Methode.

Für das Zapfenloch verwende ich zur Reinigung in Alkohol getränkte Küchenpapierkügelchen, die ich mit der oben gezeigten zahnärztlichen Pinzette fasse. Dadurch kann ich mit Druck arbeiten und komme gut in "alle Ecken". Bei Filterpfeifen muss der Filterhülse am Mundstück innen ebenso große Aufmerksamkeit geschenkt werden. Ist das Zapfenloch soweit sauber, wird der Rauchkanal mit mit Alkohol sacht befeuchteten Pfeifenreinigern immer wieder geputzt, bis der Pfeifenreiniger irgendwann sauber bleibt. Man kann abwechselnd mit "feuchten" und "trockenen" Reinigern arbeiten. In prinzipiell gleicher Weise geht man beim Mundstück vor. Bei dieser Arbeit ist, wie beim Aufarbeiten von Pfeifen generell, viel Geduld erforderlich, es ist keine Tätigkeit, die man eben mal nebenher macht.

Bei Pfeifen, die ich wirklich ganz komplett aufarbeiten will, die also auch (s.u.) eine neue Einrauchpaste bekommen sollen, ist nach dem Ausschleifen des Kopfes (per Hand) eine Salz-Alkohol-Behandlung unabdingbar, um wirklich saubere Verhältnisse zu schaffen und möglichst viel Kondensat aus dem Holz zu lösen. Hierzu verwende ich normales, unjodiertes Haushaltssalz und 70%iges Isopropanol.  In den Rauchkanal wird ein Pfeifenreiniger eingeführt, dann wird der Kopf bis kurz unter den Rand mit Salz gefüllt. Danach wird, am besten mit einer Pipette, langsam der Alkohol aufgetropft, bis das Salz feucht, aber nicht nass ist. Man sollte sich hier in Geduld üben und diese Mischung wirklich so lange stehen lassen, bis aller Alkohol verdunstet ist. Danach das Salz entfernen, den Kopfinnenraum sauber auswischen und alle noch ein paar Tage bei guter Belüftung nachtrocknen lassen.

Einige Pfeifen während der Salz-Alkohol-Behandlung. Die Mischung verfärbt sich in Anhängigkeit vom Gebrauch der Pfeife unterschiedlich stark und auch an unterschiedlichen Stellen.

 

4. Politur

Viel mehr Spaß macht dass nun sich anschließende Polieren, wenn die Pfeife wieder zu neuem Leben erwacht. Die Frage, die oft diskutiert wird ist, ob man wirklich eine Poliermaschine benötigt. Nachdem ich alle Varianten, von den handelsüblichen Poliermittelchen die mit dem Lappen aufzutragen sind, über Handstücke mit Mikromotoren, die kleine Polierfilze aufnehmen können, bis hin zu den Polierscheiben für die Handbohrmaschine ausprobiert habe, kann ich sagen: Eindeutig ja! Eine Maschinenpolitur mit verschiedenen Polierscheiben und Wachsen ist durch nichts zu ersetzen! Ehe man sich durch diese ganzen Irrtümer hindurcharbeitet bzw. "hindurchkauft", sei dem unentschlossenen Neuling die Anschaffung einer Poliermaschine dringend empfohlen. Poliermaschinen sind zum Dauerbetrieb besser geeignet,  zudem sind sie laufruhiger, die Wellen besser gelagert und man kann breitere Polierscheiben aufziehen.

Praktischer Hinweis: Solche Maschinen werden of recht günstig bei on-line Auktionen (Suchbegriff: PolierMOTOR) angeboten. Man sollte von Hause aus darauf achten, dass die Maschine konische Polierspitzen hat (s.u.), die den Wechsel der Polierscheiben sehr vereinfachen. Hilfreich ist es auch, wenn die Maschine zwei Geschwindigkeiten hat. Wichtig: Beim Polieren Schutzbrille tragen! Sicherheitshinweise des Maschinenherstellers beachten!

 

Das dunkle Wachs verwende ich nur zur Vorpolitur stark angelaufener Mundstücke und zum Auspolieren von Bissmarken und nur sehr selten für den Pfeifenkopf. Die Polierscheibe kann aus Tuch oder aus Flanell sein.  Dass helle Wachs verwende ich zur weiteren Politur von Mundstücken, und zwar selbstverständlich bei Ebonitmundstücken aber auch bei Acrylmundstücken. Letztere stehen zwar im Ruf, nicht anzulaufen, aber das Ergebnis eine Maschinenpolitur ist dann doch erstaunlich. Das helle Wachs verwende ich aber außerdem zur Vorpolitur des Pfeifenkopfes. Die Polierscheibe sollte hier unbedingt aus Flanell sein. Wachs und Scheibe nehmen nur sehr wenig "Material " weg und man sollte die zu polierenden Teile prinzipiell nicht unter zu großem Druck an die Polierscheibe halten.

Praktischer Hinweis: Beim Polieren kommt es, wie die Bilder zeigen, auch zu Verfärbungen der Polierscheiben durch Anhaftungen von Materialrückständen und Wachs, bei den Flanell-Scheiben können die einzelne Stofflagen regelrecht miteinander "verbacken" Dieses kann man recht gut beseitigen, in dem man ein unbehandeltes Stück Holz (Leiste oder Brettchen), durchaus mit der Kante gegen die rotierenden Polierscheiben hält und die Rückstände "abpoliert".

Poliermaschine mit konischen Polierspitzen zum einfachen Wechsel der Polierscheiben

Für die weitere Politur verwende ich dann eine andere Poliermaschine, die mit sogenannten "Plüschmullen" bestückt sind. Das blaue Wachs auf der inzwischen dunklen Plüschmulle verwende ich gern zur Politur von Silberapplikationen. Die helle Plüschmulle ist dem Carnauba-Wachs vorbehalten und ich verwende sie überwiegend zur abschließenden Politur des Pfeifenkopfes. Ich verwende diese zweite Poliermaschine aus Bequemlichkeit und weil ich Platz habe, sie stehen zu lassen. Eine einzige Poliermaschine ist aber völlig ausreichend.

Praktischer Hinweis: Beim Polieren sollte man unter und hinter der Polierscheibe irgend etwas Weiches hinlegen. Ich verwende dazu einen alten, großen Pullover. Auch bei sorgsamer und vorsichtiger Vorgehensweise kann einem einmal die Pfeife aus der Hand gerissen werden. Das geht dann, ohne entsprechende "Federung" oft mit Dellen oder Kratzern einher; eine schöne, alte Dunhill habe ich bei dieser Gelegenheit völlig kaputt gemacht.

 

 

Eine Winslow "B" vor und nach der Aufarbeitung

Praktischer Hinweis:  Carnauba-Wachs ist extrem sparsam und vergleichsweise hart. Bei der Carnauba-Politur bleiben manchmal unschöne "Poliernasen" zurück. Solchen Poliernasen kann man wie folgt begegnen: Den Pfeifenkopf (mit samt "Poliernasen") mit dem Fön vorsichtig erwärmen. Zur Kontrolle halte man den Pfeifenkopf dabei in der Hand, er soll gut warm, aber nicht heiss werden. Carnauba beginnt  bei ca. 35 Grad Celsius zu schmelzen. Beginnt also die "Poliernase" langsam zu verlaufen, gehe man unmittelbar dann nochmals mit der Plüschmulle bei hoher Geschwindigkeit an der Maschine darüber und verteile so das Wachs auf dem Holz. Eine abschließende Nachpolitur per Hand mit einem weichen Tuch sorgt für einen eindrücklichen Glanz.

 

5. Das Aufarbeiten sandgestrahlter Pfeifen

Eine andere, aber ebenfalls spannende Herausforderung ist die Aufarbeitung sandgestrahlter Pfeifen. Sandgestrahlte Pfeifen sind ja allgemein recht robust und pflegeleicht. Dennoch gibt es Zeitgenossen, die offenbar meinen, ihrer Sandgestrahlten alles abverlangen zu können, ohne sie jemals reinigen zu müssen. Dann setzt sich die Sandstrahlung allmählich mit einer Mischung aus Staub, Schmutz und Handschweiß zu, wodurch das Relief verschindet und die Farbe kaum mehr erkennbar ist.

 

Bei solchen Pfeifen gilt es, zunächst einmal den Schmutz abzuweichen. Um die Farbe nicht zu beschädigen, verzichtete man auf Alkohol sondern verwende zunächst eine Reinigungsflüssigkeit ( z.B.  Savinelli oder auch Reinigungsflüssigkeit für Brillengläser). Nach einer gewissen Einwirkzeit kann man dann den Kopf mit einem Lappen abwischen. Notfalls muss man die Prozedur mehrfach wiederholen. Dennoch verbleiben Schmutzreste im Relief. Um diese per Hand zu entfernen verwende ich eine Bürste mit Kunststoff und Metallborsten. Wenn der Schmutz dann komplett entfernt ist, was gar nicht so aufwendig ist, streiche ich den Kopf satt mit verdünntem Zappon-Lack ein. Der Zappon-Lack muss richtig gut austrocknen. Hier eine Pause von 2 - 3 Tagen einzulegen kann nichts schaden. Dann wird der Pfeifenkopf an einer recht harten Polierscheibe poliert und in den Vertiefungen mit einer weichen Bürste per Hand nachgearbeitet. Danach schließt sich dann die übliche Politur mit Carnauba-Wachs an (s.o.).

Zwei ältere, sandgestrahlte Pfeifen von Jess Chonowitsch, behutsam aufgearbeitet

 

 

6. Das Entfernen von Dellen mittels Wasserdampf

Kleinen, flachen Kratzern kann man mit einer Maschinenpolitur gut begegnen. Tiefere Kratzer erfordern aber in der Regel das Abschleifen des gesamten Pfeifenkopfes und eine komplett neue Oberflächenbehandlung einschließlich beizen.  Dazu sollte man, wenn man ein möglichst originalgetreues Resultat wünscht, unbedingt die Hilfe eines Pfeifenmachers in Anspruch - oder aber die Kratzer in Kauf nehmen. Nur ein versierter Pfeifenmacher hat die notwendigen Fertigkeiten um z.B. die Stempel beim Abschleifen zu schonen und eine Auswahl an Beizen, die dem Original nahe kommen.

Anders ist es bei nicht zu tiefen Dellen ohne erkennbaren Substanzverlust, bei denen das Holz einfach nur "komprimiert" wurde. Hier hilft eine einfache Methode, die zwar etwas Geduld erfordert, aber zu sehr eindrucksvollen Resultaten führt: Man "pinselt" die Delle lokal  mit sehr heißem Wasser ein, am besten so, dass auf der Delle ein Wassertropfen steht.  Dann erwärmt man, ebenfalls möglichst nur lokal (Teelicht, Spiritusbrenner) die Stelle und wiederhole diese Vorgang mehrmals hintereinander. Schon nach kurzer Zeit wird die Delle sichtbar flacher und verschwindet schließlich ganz, das Holz richtet sich durch den Wasserdampf auf.  Eine anschließende Komplettpolitur sorgt für einen Zustand, der die Delle völlig vergessen lässt.

Eine Hasso Baudis "N" mit einer knapp 1 cm lagen Delle vor und nach der beschriebenen Behandlung
mit Wasserdampf. Zwischen beiden Bildern liegen ca. 10 Minuten Arbeit.

Eine Bo Nordh mit einer ca 0,7 cm lagen Delle am Kopfrand vor und nach
der beschriebenen Behandlung mit Wasserdampf.

 

 

7. Neue Einrauchpaste

Die Frage, ob man eine aufgearbeitete Pfeife mit neuer Einrauchpaste versehen soll, muss individuell entschieden werden. Ich persönlich mache das seit einiger Zeit grundsätzlich. Erforderlich ist hierzu, dass man die Pfeife zuvor wirklich gründlichst reinigt, den Cake wirklich komplett entfernt und zur Sicherheit nochmals eine Salz-Alkohol-Behandlung macht. Dann sollte sich bereits jetzt die oben beschriebene Komplettpolitur anschließen, wobei der Tabakraum mit Küchenpapier möglichst gut verschlossen wird, damit kein Wachs oder Polierstaub eindringen kann. Hernach entnimmt man das Papier uns schleift das Kopfinnere nochmals kurz an, bläst den Staub sorgsam heraus und trägt dann die Einrauchpaste ein.

Eine komplett aufgearbeitete, ca. 25 Jahre alte Bo Nordh-Pfeife. Mit der neuen Einrauchpaste ist das Ergebnis erst richtig rund und nahezu perfekt!

Ich verwende eine Einrauchpaste aus medizinischer Holzkohle, Bimssteinmehl und Wasserglas, die jeweils frisch angerührt wird.

Und nun viel Spaß beim Ausprobieren!

 

Es ist ausdrücklich nicht gestattet, diese Texte, auch auszugsweise, und Bilder, ohne mein schriftliches Einverständnis herunterzuladen und zu verwenden!
 (c) Pipendoge, 2009